11. 02. 2013
von Ingo Hermes

Engagiertes Team kämpft für den Standort

WILDESHAUSEN/ALTONA Johannes Lenzschau war sichtlich gerührt: „Vielleicht sind wir nicht immer die lautesten, aber wir suchen unsere Wege.“ Gerade hatte der Kaufmann mit seinen Vorstandskollegen Jürgen Poppe, Andreas Hauth und Tom Lagerpusch für den Handels- und Gewerbevereins (HGV) Wildeshausen den Wirtschaftspreis 2012 der Mittelstandsvereinigung (MIT) und der Stadt entgegengenommen. Der Laudator, Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU), hatte die integrative Kraft des 110 Jahre alten Vereins gewürdigt.

„Marketing für lau“

In seiner Dankesrede hob Lenzschau vor allem einen Erfolg des HGV hervor: „die Stadt Wildeshausen positiv als aktive Kommune und Wirtschaftsstandort darzustellen“. Das sei „kein einfacher Job“: Die Zeiten für mittelständische Unternehmen seien hart. „Bis heute gibt es keinen stadteigenen Wirtschaftsförderer, und der HGV ist geradezu gezwungen, ,Stadtmarketing für lau’ aus Vereinsmitteln zu machen“, klagte er. Der HGV werde auch künftig kein „Innenstadt-Klüngelverein“ sein, sondern gemeinsam mit der MIT wirtschaftlich Weichen stellen.

Als der HGV 1903 gegründet wurde, ging in Deutschland die erste Polizistin auf Streife, zog Laudator Schünemann einen historischen Vergleich. Das Motto des Preisträgers – „integrieren statt separieren“ – könne er nur unterstreichen. Dank der vielen Aktivitäten erhalte der HGV zu Recht den Preis.

Im übrigen haderte der CDU-Politiker, der dem neuen Landtag nicht mehr angehört, mit dem Ausgang der Landtagswahl. Er sei gespannt, was im neuen rot-grünen Regierungsprogramm für den Bereich der Landwirtschaft stehe. Falls die Grünen sich mit ihrer Forderung durchsetzen, einmal pro Woche vegetarisch zu essen, werde er zum „Freiheitskämpfer“. Nicht einmischen wollte sich der 48-jährige, gelernte Industriekaufmann aber in die Wildeshauser Kommunalpolitik. Der niedersächsische Innenminister führe die Aufsicht über den Landrat, nicht aber über den Bürgermeister. „Auf Dauer kann man aber nicht erfolgreich sein, wenn man gegen den Mittelstand Politik macht“, so Schünemann.

MIT-Vorstandsvorsitzender Manfred Wulf beschied Schünemann, es sei „charakterlich stark“, trotz verlorener Wahl zur MIT-Jahreshauptversammlung am Freitag nach Gut Altona zu kommen. Die Koalition aus CDU und FDP in Hannover habe aus Sicht des Mittelstands „einen hervorragenden Job“ gemacht.

„Rückzug keine Option“

Wulf rief die Unternehmer auf, mitzuhelfen, damit „der Stillstand in Wildeshausen endlich beendet wird“: „Rückzug ist auch keine Option!“ Unter der Ägide von Bürgermeister Dr. Kian Shahidi seien Steuern erhöht worden, die wirtschaftliche Entwicklung zurückgeblieben und auch die Frequenz der Innenstadt „extremst“ gesunken. Die 300 000 Euro aus dem „Innenstadtfonds“ müssten endlich für sinnvolle Projekte ausgegeben werden. Benötigt werde ein übergreifender Konsens von Politik und Wirtschaft. Erste Schritte seien „ein vernünftiges Stadtmarketing“ und eine Wirtschaftsfördergesellschaft.

Einstimmig entlasteten die 250 Gäste den MIT-Vorstand. Mit einer großen Flasche Kellerbier und einem Buch bedankte sich Wulf bei Dieter Mester (Handwerkskammer), der zum letzten Mal in der Jury für den Wirtschaftspreis saß. Übrigens: Selten war ein MIT-Generalversammlung so gut beschützt. Mehrere Sicherheitsbeamte prüften am Eingang die Handtaschen einiger Gäste. Zu den „Opfern“ gehörte auch Alleinunterhalterin Elise Plietsch.

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